Traublinger vor der Vollversammlung der Handwerkskammer: Konjunkturelle Lage des Handwerks besorgniserregend

24. Juni 2002

Die konjunkturelle Lage im Münchner und oberbayerischen Handwerk ist besorgniserregend. Vor den relevanten Daten für das 1. Halbjahr 2002 stehen zum Teil deutliche Minuszeichen. Dies erklärte Handwerkskammerpräsident Heinrich Traublinger, MdL, vor der Vollversammlung der Handwerkskammer für München und Oberbayern am 24. Juni 2002 in München. 
Danach sei der Gesamtumsatz sowohl nominal um 2,5 Prozent wie auch real um vier Prozent rückläufig. Im ersten Halbjahr 2002 habe er damit nur noch 14 Mrd. Euro betragen, so der Handwerkskammerpräsident. Die Beschäftigung sei um circa zwei Prozent auf rd. 325 000 gesunken. Die Zahl der Betriebe habe mit 59 800 um 0,6 Prozent oder 350 unter ihrem Vorjahresstand gelegen. Gegenüber Jahresbeginn habe der Rückgang sogar 626 betragen. Das bedeute, so Traublinger, dass sich die schlechte Handwerkskonjunktur jetzt auch spürbar bei den Existenzgründungen und den Betriebsaufgaben niederschlage. Bedenklich sei auch der deutliche Rückgang der Investitionen. Im ersten Halbjahr sei das Volumen um sieben Prozent auf 380 Mio. Euro geschrumpft. Das Hauptsorgenkind des Handwerks sei unverändert die Baubranche. Aber auch konsumnahe Handwerksbranchen, der Kfz-Bereich und die Zulieferer zeigten deutliche Schwächetendenzen. Traublinger: "Gerade das einzelhandeltreibende Handwerk leidet besonders unter der unsäglichen Teuro-Kampagne, mit der die ganze Wirtschaft für die Verfehlungen einiger weniger schwarzer Schafe in Kollektivhaft genommen wird." Eine durchgreifende Verbesserung der Situation für das Gesamtjahr 2002 im Münchner und oberbayerischen Handwerk sei nicht in Sicht.

Für das zweite Halbjahr sei zwar eine etwas positivere Entwicklung zu erwarten; das erste Halbjahr sei jedoch so schlecht verlaufen, dass die Minuszeichen vor den Kennzahlen auch auf Jahressicht Bestand haben dürften. Traublinger machte vor der Vollversammlung deutlich, dass es ein "wirtschaftspolitisches Märchen" sei, zu behaupten, man könne angesichts der zunehmenden Internationalisierung der Wirtschaftsströme keine wirksame nationale Wirtschaftspolitik mehr betreiben. Denn es gebe auch im Zeitalter der Globalisierung wirksame wirtschaftspolitische Stellschrauben, welche die Standortbedingungen der heimischen Wirtschaft verbessern und die Situation des Mittelstands positiv beeinflussen könnten. Als wichtiges Beispiel nannte er die Steuerpolitik. So müsse etwa die Steuerreform konsequent weitergeführt und für Personenunternehmen verbessert werden. Hierzu bedürfe es einer weiteren Senkung des gesamten Einkommensteuertarifs bis hin zur Senkung des Spitzensatzes in Richtung auf 35 Prozent. Die Steilzone im Eingangsbereich sei abzuflachen. Vor allem aber müssten die Einkommensgrenzen, ab denen die Steuersätze greifen, regelmäßig angehoben werden, damit heimliche Steuererhöhungen durch die "kalte Progression" ein Ende hätten. Der zweijährige Verlustrücktrag müsse umgehend wieder eingeführt werden. Traublinger: "Der unbefristete Verlustvortrag ist überlebensnotwendig". Die eingeführten Behaltefristen bei Realteilung und Mitunternehmererlass sollten wieder gestrichen werden. Von der für den 1. Januar 2003 geplanten Ökosteuerstufe müsse abgesehen, die bisher erhobenen vier Ökosteuerstufen im Zuge einer grundlegenden Steuer- und Rentenreform zurückgeführt werden, betonte der Handwerkskammerpräsident. Die für die nächste Legislaturperiode angekündigte Reform der Gemeindefinanzen dürfe nicht zu steuerlichen Mehrbelastungen von Personenunternehmen führen. Zudem sollte die Erbschaftsteuer mittelstandsfreundlich umgestaltet und degressiv gestaffelt an das Kriterium der Betriebsfortführung gekoppelt werden. Zur Eindämmung der Schattenwirtschaft und zur Schaffung von Beschäftigung sollte die Eigenheimzulageförderung an die Vorlage von Handwerkerrechnungen gekoppelt werden.