PK Konjunktur Januar 2011

Aufschwung im Handwerk setzt sich im 4. Quartal 2010 fort - Traublinger: "Jahresbilanz wäre ohne Wintereinbruch noch besser"

21. Januar 2011

„Der wirtschaftliche Aufschwung hat sich im Münchner und oberbayerischen Handwerk auch im 4. Quartal 2010 fortgesetzt. Alle Branchen strahlen Zuversicht aus, vom Ausbau bis zu den Zulieferern“, erklärte Handwerkskammerpräsident Heinrich Traublinger, MdL a. D., bei der Vorstellung der neuesten Konjunkturzahlen. 81 Prozent der befragten Handwerksunternehmer bezeichneten ihre aktuelle Geschäftslage als „gut“ oder „befriedigend“. Der Vergleich mit dem Vorjahresquartal (76 Prozent) und dem 5-Jahresdurchschnitt (71 Prozent) belegt die insgesamt freundliche Stimmung. Die Kapazitäten der Betriebe im Kammerbezirk waren im 4. Quartal 2010 mit durchschnittlich 78 Prozent etwas stärker ausgelastet als im Vergleichsquartal des Vorjahres (76 Prozent). Jeder dritte Handwerksbetrieb arbeitete mit 90 bis 100 Prozent Auslastung. Die Nachfrage nach handwerklichen Gütern und Dienstleistungen legte im 4. Quartal 2010 bei 24 Prozent der Befragten zu, 47 Prozent bemerkten keine Veränderung. Erwartungsgemäß abgenommen hat dagegen das Auftragspolster. Zum Jahresende 2010 reichte es für die nächsten 5,6 Wochen, nach 6,4 Wochen im Vorquartal. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ergibt sich aber immer noch ein Zuwachs um 0,4 Wochen.

Im 4. Quartal 2010 erzielten 28 Prozent der Betrieb im Münchner und oberbayerischen Handwerk steigende und 48 Prozent stagnierende Einnahmen. Der Umsatz im Berichtszeitraum beträgt nach ersten Schätzungen rund neun Mrd. Euro, ein Plus von nominal 3,7 Prozent im Vorjahresvergleich. Für das Gesamtjahr 2010 ergibt sich ein Umsatzvolumen von ca. 30,3 Mrd. Euro und damit ein Zuwachs von nominal 2,2 Prozent. Abzüglich der Preissteigerung verbleibt ein reales Plus von 1,7 Prozent. Traublinger: „Trotz dieses erfreulichen Ergebnisses muss bedacht werden, dass damit noch nicht einmal die Hälfte der von der Wirtschaftskrise verursachten Einbußen aufgeholt werden konnte.“ 2009 mussten die Betriebe im Kammerbezirk ein Minus von nominal gut vier Prozent verbuchen. „Die Jahresbilanz würde deutlich besser ausfallen, wäre der Wintereinbruch nicht so früh und so heftig erfolgt. Außerdem fehlt uns im Vergleich zur Gesamtwirtschaft weitgehend die Konjunktur-Lokomotive Export“, betonte der Kammerpräsident.

In der Beschäftigungsentwicklung schlug sich die positive Konjunktur dagegen kaum nieder. Traublinger: „Das könnte daran liegen, dass viele Betriebe während der Krise weitgehend auf Kündigungen verzichteten, um nicht in einen Personalengpass zu geraten, sobald sich die Konjunktur erholt. Immer mehr kommt aber auch hinzu, dass einstellungswillige Unternehmen schlichtweg keine geeigneten Mitarbeiter finden.“ Im 4. Quartal 2010 stellten elf Prozent der Betriebe zusätzliche Mitarbeiter ein, 76 Prozent hielten ihr Personal und 13 Prozent verkleinerten die Belegschaft. So waren Ende letzten Jahres geschätzt 285.000 Personen in den Betrieben tätig, 0,2 Prozent mehr als im Vergleichsquartal 2009. Im Jahresdurchschnitt 2010 blieb die Beschäftigung im Münchner und oberbayerischen Handwerk dagegen unverändert bei 287.500. In Anbetracht der günstigen Wachstumsperspektiven investierten 35 Prozent der Unternehmen in den Maschinen- und Anlagenpark, drei Punkte mehr als im Vorjahresquartal. Die Ausgaben für Investitionen nahmen im 4. Quartal 2010 um 4,7 Prozent auf 225 Mio. Euro zu. Die Zahl der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk stieg zum Jahresende 2010 um 2,9 Prozent auf knapp 75.000.

Insgesamt zeigt sich das Münchner und oberbayerische Handwerk für den Jahresbeginn 2011 zuversichtlich. 78 Prozent erwarten in den nächsten Monaten gute oder befriedigende Geschäfte, sieben Punkte mehr als noch vor Jahresfrist. Auch der Auftragseingang deutet auf eine Fortsetzung des Aufschwungs hin: 78 Prozent der Betriebe erwarten eine zumindest stabile Nachfrage. Vor einem Jahr hatten nur 66 Prozent damit gerechnet. „Für das Jahr 2011 rechnen wir beim Umsatz für das Münchner und oberbayerische Handwerk mit einem Plus von nominal zwei Prozent. Die Beschäftigung dürfte im Jahresdurchschnitt um ca. 0,5 Prozent zunehmen“, sagte der Kammerpräsident.

Wie eine Sonderumfrage der Kammer ergab, herrscht im Münchner und oberbayerischen Handwerk bereits Fachkräftemangel. Zwar nicht flächendeckend, aber er nimmt zu. Demnach sind lediglich 40 Prozent der Betriebe optimal besetzt. Fast ebenso viele, nämlich 37 Prozent, kommen zwar mit ihrem Personalbestand zurecht, würden aber gerne noch zusätzlich einstellen. Über gravierende Probleme klagt fast ein Viertel der befragten Betriebe. Bei 23 Prozent hemmt der Fachkräftemangel die Entwicklungsmöglichkeiten des Unternehmens bereits massiv. Hochgerechnet auf die zulassungspflichtigen und die zulassungsfreien Handwerksberufe ergibt sich ein Fachkräftebedarf in mindestens 12.400 Betrieben. Selbst wenn jedes dieser Unternehmen nur eine offene Stelle hätte, wären demnach im Münchner und oberbayerischen Handwerk 12.400 Arbeitsplätze für qualifiziertes Personal unbesetzt. Traublinger: „Unsere Statistiker haben errechnet, dass den Betrieben im Kammerbezirk dadurch Umsätze von nahezu 1,3 Milliarden Euro pro Jahr entgehen.“ Bei einer ähnlichen Befragung im Juni 2007 meldeten die Unternehmer einen Bedarf von 8.000 Fachkräften.