Peteranderl, Dr. Hüpers
Handwerkskammer für München und Oberbayern

Bayerns Handwerksbetriebe vor harten MonatenPeteranderl: "Pessimismus zieht sich quer durch alle Branchen"

26. Oktober 2022

Trotz steigender Zinsen, hoher (Energie-)Kosten und einer gleichzeitig sinkenden Nachfrage schätzten 43 Prozent der bayerischen Handwerksbetriebe ihre Geschäftslage im 3. Quartal als gut und weitere 41 Prozent als befriedigend ein. Gegenüber dem Vorjahresquartal ist dies ein leichter Rückgang um insgesamt 3 Punkte. Einen gravierenden Stimmungseinbruch verzeichnete das Lebensmittelhandwerk: Dort beurteilten nur noch 16 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als gut und 52 Prozent als befriedigend. Die Betriebsauslastung legte im Berichtszeitraum um 1 Punkt auf 81 Prozent zu. Leichte Steigerungen verzeichnete neben dem Kraftfahrzeuggewerbe auch das Gesundheitshandwerk und das Handwerk für den privaten Bedarf.

Immer mehr Baufirmen in Bayern haben inzwischen mit Auftragsstornierungen zu kämpfen: 16,7 Prozent der Unternehmen waren im September davon betroffen, 5 Prozentpunkte mehr als im August. „Angesichts steigender Zinsen und abnehmender Kaufkraft potenzieller Kunden, besteht hier eine große Gefahr für das Baugewerbe. Von einem Abkühlen bis zu einem regelrechten Einbruch der Baukonjunktur ist alles möglich“, sagt Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstages (BHT).

In der Konjunkturumfrage der bayerischen Handwerkskammern vermeldeten 16 Prozent der Befragten im 3. Quartal eine lebhaftere und 50 Prozent eine konstante Nachfrage. Das sind in Summe 13 Punkte weniger als im Vorjahresquartal. Der durchschnittliche Auftragsbestand im bayerischen Handwerk stagnierte im Berichtszeitraum mit im Schnitt 10,0 Wochen auf Vorjahresniveau. Lediglich im Ausbaugewerbe und im Gesundheitshandwerk stieg der Auftragsbestand im Vergleich zum Vorjahresquartal leicht an. Die Preisentwicklung hat im 3. Quartal weiter Fahrt aufgenommen: In der Konjunkturumfrage unter Bayerns Handwerksbetrieben meldeten 85 Prozent der Befragten gestiegene Einkaufspreise, das sind 14 Punkte mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Im Lebensmittelhandwerk betrug dieser Wert sogar 97 Prozent. Die massiv gestiegenen Kosten müssen zumindest teilweise über höhere Preise an die Kunden weitergegeben werden. 55 Prozent der befragten Betriebe berichteten von erforderlichen Preisanpassungen im Berichtszeitraum, vor einem Jahr waren es nur 39 Prozent.

Schwieriger Ausblick auf das Gesamtjahr

Trotz der Preisanstiege meldeten lediglich 22 Prozent der bayerischen Handwerksbetriebe im 3. Quartal ein Umsatzplus gegenüber dem Vorquartal. 55 Prozent konnten ihre Umsätze immerhin konstant halten. Vor einem Jahr waren es in Summe 4 Prozentpunkte mehr. Lediglich das Kraftfahrzeuggewerbe weist beim Umsatz einen positiven Trend auf. Nach BHT-Schätzungen wurden im bayerischen Handwerk im 3. Quartal 37,7 Milliarden Euro umgesetzt. Dies entspricht einem nominalen Plus von 8,3 Prozent. Angesichts der Preissteigerung steht unter dem Strich allerdings ein reales Minus von 1,8 Prozent. Der Beschäftigungstrend im bayerischen Handwerk war im Berichtszeitraum leicht nach unten gerichtet. 15 Prozent der Befragten konnten ihre Belegschaft aufstocken, 69 Prozent arbeiteten mit unveränderter Mannschaft. In Summe steht hier ein Minus von 5 Punkten. Laut BHT-Schätzungen waren Ende September etwa 966.000 Personen im bayerischen Handwerk tätig. Dies entspricht einem Rückgang von 0,6 Prozent binnen Jahresfrist. Bis zum Jahresende ist nicht mit einem Beschäftigungsaufbau zu rechnen.

Auch die Investitionstätigkeit der bayerischen Handwerksbetriebe hat im 3. Quartal nachgelassen. Steigende Zinsen und ungewisse Aussichten haben die Unternehmen vor allem bei großen Ausgaben vorsichtig werden lassen. Der Anteil investierender Betriebe sank gegenüber dem Vorjahresquartal quer durch alle Branchen um insgesamt 4 Punkte auf 35 Prozent. Im Berichtzeitraum wurden in Summe 1,1 Milliarden Euro investiert. Das ist ein Plus von nominal 3,6 Prozent. Der Zahl der bayerischen Handwerksbetriebe betrug Ende September 208.500. Das ist im Vergleich zum Vorjahr keine Veränderung.

Angesichts steigender Kosten und einer geringeren Nachfrage stellen sich Bayerns Handwerkerinnen und Handwerker auf harte Monate ein: Nur noch 5 Prozent der Befragten erwarten für das 4. Quartal eine Verbesserung der Geschäftslage. Zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres lag dieser Wert immerhin bei 12 Prozent. 60 Prozent gehen von gleichbleibenden Geschäften aus. Dieser Wert lag vor Jahresfrist um 17 Punkte höher. Der wachsende Pessimismus zieht sich quer durch alle Branchen. Im Lebensmittelhandwerk erwarten 57 Prozent der Betriebe eine Verschlechterung der Geschäftslage. Im Bauhauptgewerbe ist der Anteil der negativen Einschätzungen mit 41 Prozent so groß wie seit 20 Jahren nicht mehr.

Der Ausblick auf das Gesamtjahr bleibt weiterhin sehr schwierig. Der BHT erwartet ein gewerkübergreifendes Umsatzplus von nominal 10 Prozent. Real wird davon allerdings kaum etwas übrigbleiben. Die Zahl der Beschäftigten dürfte um etwa 0,6 Prozent sinken, das Investitionsvolumen um ca. 6 Prozent zulegen.

Das Handwerk braucht die Gaspreisbremse schon ab Januar 2023

Das bayerische Handwerk begrüßt das vom Bundestag beschlossene Entlastungspaket, das aus Energiepreisbremsen und Unternehmenshilfen besteht. „Wenn die Gaspreisbremse aber erst ab März 2023 käme, wäre das für kleine und mittlere Unternehmen viel zu spät. Um Arbeits- und Ausbildungsplätze in Handwerk und Mittelstand zu sichern, brauchen unsere Betriebe die Gaspreisbremse bereits ab Januar 2023. Darauf haben wir Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch in unserem Münchner Bildungszentrum vergangene Woche noch einmal deutlich hingewiesen“, betont Peteranderl.

Das bayerische Handwerk ist auf eine wettbewerbsfähige, sichere und nachhaltige Energieversorgung angewiesen. Der BHT-Präsident: „Neben einer angemessenen Berücksichtigung unserer Betriebe bei Entlastungsmaßnahmen ist uns wichtig, dass kleine und mittlere Unternehmen von den Kosten der Klima- und Energiepolitik anteilig nicht stärker betroffen sind als Großunternehmen. Gleichzeitig sollten alle energiebezogenen Abgaben auf den Prüfstand. Entlastungsmöglichkeiten bestehen auch bei staatlichen Bestandteilen von Strom-, Gas- und Benzinpreisen sowie in einer zeitweiligen Aussetzung der CO2-Bepreisung.“

Um Gas zu sparen und die Speicher weiter zu befüllen, sollte auf den Einsatz von Gas im Stromsektor soweit wie möglich verzichtet werden. Neben der Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke sollte auch Kohle länger verstromt werden, als ursprünglich geplant. „Ebenso brauchen wir mehr Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien. Gleichzeitig gilt es, ausreichende Reservekapazitäten vorzuhalten. Damit dies gelingt, ist der Netzausbau und die Entwicklung von Speichertechnologien erforderlich. Zudem müssen wir die Sanierung des Gebäudebestandes durch eine stetige Förderung auf hohem Niveau voranbringen. In diesem Zusammenhang brauchen kleine und mittlere Unternehmen breit angelegte Förder- und Informationsprogramme“, fordert Peteranderl.

Beitrag von Alexander Tauscher zur Handwerkskonjunktur:

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