PK Konjunktur Oktober 2020
Handwerkskammer für München und Oberbayern

Peteranderl: "Ein zweiter Shutdown wie im Frühjahr muss unbedingt verhindert werden"Handwerkskonjunktur leicht erholt, aber die Krise hält an

22. Oktober 2020

Auch wenn die Lockerungen nach dem Shutdown zu einer spürbaren Erholung der Wirtschaft geführt haben, reicht dieser Aufschwung nicht aus, um die Verluste aus dem Frühjahr auszugleichen. „Die Erholung der Wirtschaft steht weiterhin auf äußerst wackeligen Füßen. Die Corona-Krise ist noch lange nicht ausgestanden. Damit die Unternehmen Umsätze erwirtschaften, Menschen beschäftigen und junge Leute ausbilden können, muss ein zweiter Shutdown wie im Frühjahr unbedingt verhindert werden“, forderte Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstages (BHT) bei der Vorstellung der neuesten Konjunkturzahlen im bayerischen Handwerk.

Die Stimmung bei den Betrieben im Freistaat hat sich im 3. Quartal gegenüber dem Vorquartal um 6 Punkte auf 81 Prozent verbessert: 46 Prozent der Betriebe bezeichneten ihre Lage als gut und weitere 35 Prozent als befriedigend. Vergleicht man diese Werte jedoch mit dem 3. Quartal 2019, ergibt sich ein Minus von 11 Punkten. „Die Erholungsbewegung der Wirtschaft verlief zunächst sehr schnell und hat manche von einem raschen, V-förmigen Konjunkturverlauf träumen lassen. Die letzten Wochen haben dann aber gezeigt, dass der Weg aus der Krise kein leichter sein wird“, so Peteranderl. Die Betriebsauslastung nahm gegenüber dem Vorquartal um 3 Punkte auf 78 Prozent zu. Verglichen mit dem Vorjahreswert fiel das Ergebnis jedoch um 5 Punkte schwächer aus und liegt damit weiter unter dem langjährigen Durchschnitt von 81 Prozent für ein 3. Quartal. Der durchschnittliche Auftragsbestand der Betriebe betrug Ende September 8,7 Wochen – 0,9 Wochen weniger als noch vor Jahresfrist.

Nach vorläufigen Schätzungen wurden im 3. Quartal im bayerischen Handwerk Umsätze in Höhe von insgesamt rund 31,4 Milliarden Euro erzielt, ein Minus von nominal 3 Prozent gegenüber 2019. Der Shutdown und die folgende Rezession in der Gesamtwirtschaft haben auch im Handwerk Arbeitsplätze gekostet – wenn auch bislang nur in geringem Maß. Ende September waren nach ersten Schätzungen etwa 960.000 Personen im bayerischen Handwerk tätig, 1,2 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Die Investitionsneigung sank im 3. Quartal im bayerischen Handwerk gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 2 Punkte auf 34 Prozent und liegt damit im Durchschnitt der letzten Jahre. Ein deutlicher Unterschied zeigt sich allerdings beim Investitionsvolumen. Aufgrund der Rezession und der enormen Unsicherheit reduzierten die Betriebe ihre Ausgaben für größere Projekte deutlich. Nach Schätzungen wurde im 3. Quartal gut 1 Milliarde Euro investiert; 4,5 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Die Zahl der Betriebe im bayerischen Handwerk lag Ende September bei rund 206.000 – ein Plus von 1 Prozent.

Konjunkturerholung erst in 2021 erwartet

Der BHT-Präsident: „Auch, wenn sich die Handwerkskonjunktur zuletzt erholt zeigte, müssen viele Betriebe weiterhin kämpfen, um über die Runden zu kommen.“ Bis zum Jahresende ist nur wenig Entlastung zu erwarten. Lediglich 11 Prozent der Befragten rechnen mit einer Erholung im 4. Quartal, 70 Prozent erwarten eine gleichbleibende Geschäftslage, 19 Prozent eine Verschlechterung. Die Zulieferer und das Kfz-Handwerk leiden unter der schwachen Industriekonjunktur, dem näher rückenden Brexit und der Transformation der Automobilbranche. Bei den verbrauchernahen Dienstleistern wird viel davon abhängen, wie schnell sich das Konsumklima stabilisieren kann. Sorgen bereiten auch die schwachen Erwartungen der Bau- und Ausbauhandwerke für die Zeit bis zum Jahresende – was aber auch mit dem nahenden Winter zusammenhängen dürfte. „Insgesamt steht dem Handwerk ein durchwachsener Jahresausklang bevor. Mit einer nachhaltigen Verbesserung der Konjunktur ist erst im Laufe des Jahres 2021 zu rechnen“, sagt Peteranderl. Die Prognose für 2020 wurde dementsprechend angepasst: In diesem Jahr wird im bayerischen Handwerk ein Umsatzminus von nominal 2,5 Prozent erwartet. Die Zahl der Beschäftigten dürfte um 0,5 Prozent abnehmen, die Investitionen um 10 Prozent sinken.

Die vorübergehende Aussetzung der „Insolvenzantragspflicht“ wird mehr und mehr zur Belastung für die Betriebe. Bei vielen Handwerkern, die im Geschäftsverkehr mit anderen Unternehmen überwiegend auf der Gläubigerseite stehen, wuchs zuletzt die Angst, nach erbrachter Leistung auf der Rechnung und damit auf den Kosten sitzen zu bleiben. Das bayerische Handwerk begrüßt daher, dass seit Anfang Oktober 2020 zahlungsunfähige Unternehmen wieder verpflichtet sind, einen Antrag auf Insolvenz zu stellen. Peteranderl: „Als nächstes fordern wir, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht auch für überschuldete Unternehmen zum 31. Dezember 2020 enden zu lassen. Das Ende eines Unternehmens darf nicht auf Kosten seiner Gläubiger verzögert werden. Gerade kleine und mittlere Handwerksbetriebe müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Geschäftspartner über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, um fällige Verbindlichkeiten zu begleichen.“

Die Corona-Überbrückungshilfen über den Steuerberater zu beantragen, ist grundsätzlich richtig und sollte so auch beibehalten werden. Allerdings würde sich die Prozedur gerade für die kleinen und mittleren Handwerksbetriebe vereinfachen, wenn sie vorab mit einem Online-Tool prüfen könnten, ob ihnen Überbrückungshilfen zustehen. „Auf diese Weise könnten unsere Handwerkerinnen und Handwerker abklären, ob sich der Gang zum Steuerberater überhaupt lohnt. Zudem würde das gesamte Verfahren entlastet“, so der BHT-Präsident.

Kritik übt das bayerische Handwerk auch an den Plänen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, das Recht auf Homeoffice per Gesetz zu verordnen. „Der BHT lehnt dies strikt ab. Den Arbeitsort festzulegen, ist originäre Aufgabe des Arbeitgebers. Hier sollte der Gesetzgeber nicht eingreifen.“ Außerdem fällt ein erhöhter Verwaltungsaufwand an, etwa für die Erstellung der erforderlichen Gefährdungsbeurteilung bei Heimarbeit. Hinzu kommen Kosten, wie z.B. für die digitale Zeiterfassung und die technische Büroausstattung. Das ist für kleine und mittlere Handwerksbetriebe oftmals nur schwer zu stemmen. Ebenso stellt die Gewährleistung der Datensicherheit Betriebe und Mitarbeiter vor Herausforderungen.

Kritik an Klimaschutzplänen des EU-Parlaments

Zuletzt hat das EU-Parlament mit seinen Plänen für Aufsehen gesorgt, die CO2-Emissionen bis 2030 gegenüber dem Wert von 1990 um 60 Prozent zu senken. Damit würden sogar die Ziele der EU-Kommission, die 40 Prozent CO2-Reduzierung vorsehen, noch einmal deutlich verschärft. „Das ist aus unserer Sicht zu viel des Guten. Um das Klima zu schützen, müssen wir alle zusammenarbeiten. Allerdings muss auch berücksichtigt werden, wie sich die beabsichtigten Schutzmaßnahmen auf unsere Wirtschaft auswirken. Nur mit einer intakten unternehmerischen Basis lassen sich Klimaschutzziele erreichen, ohne gleichzeitig den Wohlstand zu gefährden. Es gilt, Machbarkeit und Bezahlbarkeit im Auge zu behalten. Nur wenn dies gewährleistet ist, wird der Schutz des Klimas in der Bevölkerung die erforderliche Akzeptanz erfahren“, betont Peteranderl.

Kürzlich haben die bayerischen Handwerkskammern gemeinsam mit den IHKs und dem Bayerischen Wirtschaftsministerium die Kampagne „Ausbildung macht Elternstolz“ verlängert. Die Kampagne stellt die Vorteile einer dualen Ausbildung heraus und appelliert an die Eltern, den Berufsbildungsweg ihrer Kinder mit Stolz zu begleiten. Bis Ende September wurden von den Handwerkskammern im Freistaat rund 24.600 neue Lehrverträge registriert. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das immer noch ein Minus von 7,1 Prozent. Auch wenn sich die Ausbildungszahlen zuletzt verbesserten, appelliert der BHT-Präsident an die Politik, wieder mehr Möglichkeiten zur Berufsorientierung an Schulen und auf Messen zuzulassen: „Gerade das Handwerk lebt davon, sich mit lebenden Werkstätten zu präsentieren, in denen Jugendliche auch selbst Hand anlegen können.“

Beitrag von Alexander Tauscher zur Handwerkskonjunktur:

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Präsident Franz Xaver Peteranderl zur Konjunkturlage im Handwerk:

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