Europasymposium

Bürokratie macht Handwerk das Leben schwer

Europasymposium des BHT „Bürokratie aus Brüssel – wo das Handwerk der Schuh drückt“

Obwohl die EU-Kommission 2007 ein Aktionsprogramm zum Abbau unnötiger Verwaltungslasten auf den Weg gebracht hat und die Expertengruppe unter der Leitung von Dr. Edmund Stoiber bislang Maßnahmen zur Einsparung von rund 40 Mrd. Euro vorgeschlagen hat, macht die Bürokratie, vornehmlich von Brüssel initiiert, dem Handwerk das Leben schwer. Der Präsident des Bayerischen Handwerkstags (BHT) Heinrich Traublinger MdL a. D., erklärte beim BHT-Europasymposium unter dem Motto „Bürokratie aus Brüssel – wo das Handwerk der Schuh drückt“, man habe den Eindruck, dass die Bürokratie, die an einer Stelle abgebaut werde, an anderer Stelle wieder aufgebaut wird. Als Beispiel nannte Traublinger die Ausnahmeregelungen zur Tachographenpflicht für Handwerker. Trotz der Schwierigkeiten lohne es sich für das Handwerk jedoch, die Entbürokratisierung weiter voranzutreiben. Deshalb werde sich das Handwerk auch an der Konsultation „Welche 10 Rechtsakte verursachen den höchsten Aufwand für KMU?“ beteiligen. Der BHT habe bereits eine Prioritätenliste mit den Rechtsakten erstellt, die unseren Wirtschaftsbereich am stärksten belasten. Traublinger betonte, dass sich die Belastungen sich im Handwerk von Branche zu Branche unterscheiden. Ein Lebensmittelhandwerker sei von anderen Regulierungen betroffen als ein Bauhandwerker. Bürokratie im Handwerk sei sektorspezifisch zu betrachten.

Der stv. Referatsleiter Evaluierung und Vereinfachung im Generalsekretariat der EU-Kommission, Norbert Sagstetter, erklärte, Aufgabe seines Referats sei es, Gesetze vorab auf ihre Auswirkungen hin zu prüfen. Die Kommission veröffentliche seit diesem Frühjahr sog. „Roadmaps“. Das bedeute, Gesetzesvorhaben würden rechtzeitig transparent gemacht. Kammern und Verbände hätten so die Möglichkeit, sehr frühzeitig Stellung zu nehmen.

Der Europaabgeordnete und stv. Vorsitzende der EVP-Fraktion Manfred Weber machte deutlich, dass der Umgang mit Bürokratie „täglich Brot“ eines EU-Abgeordneten sei. Eine Harmonisierung der Vorschriften sei für einen funktionierenden Binnenmarkt notwendig. Im Europaparlament seien allerdings „zu viele Gutmenschen unterwegs, die Beglückungspolitik machen wollen“. Daher sei die Bekämpfung des Wildwuchses mühsam. Er legte den Handwerksorganisationen nahe, einen Praxischeck für Gesetzesvorhaben zu machen. Weber: „Das tut niemand sonst für euch.“

Der Landesinnungsmeister des bayerischen Fleischerhandwerks Georg Schlagbauer beklagte, dass viele Betriebsinhaber auch deshalb keine Nachfolger mehr in der eigenen Familie fänden, weil die Bürokratiebelastung so hoch sei. Als Beispiel nannte er die Kennzeichnungspflicht. „Die ist für die Industrie mit ihrer Einheitsware einfach zu handhaben, im Gegenteil zu uns Handwerkern mit unserem großen Sortiment und unseren unterschiedlichen Rezepturen.“ Ein weiteres Beispiel sei die Rindfleischettiketierungspflicht nach der BSE-Krise.

BauunternehmerPeter Ertl sagte, seine Mitarbeiter beklagten sich über die Stunden, die für die verschiedensten Statistiken aufgewendet werden müssten. Die in der Diskussion befindliche ICT-Richtlinie berge große Gefahren für das Bauhandwerk, denn Konzerne könnten damit ihre Leute nach den jeweiligen heimischen Konditionen beschäftigen. Mindestlöhne gebe es hier nicht.

BHT-Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Semper moderierte die anschließende Podiumsdiskussion.

Das Positionspapier des Bayerischen Handwerkstags „Welche EU-Rechtsvorschriften verursachen den höchsten Aufwand für KMU? - Prioritäten des Bayerischen Handwerks“ ist unter dem Artikel abrufbar.