Sozialpolitischer Informationsdienst Ausgabe 1/2012

Vergütung an Feiertagen, Arbeitszeitregelung und Gewährung von Gratifikationen an Weihnachten und Neujahr 2012/2013
Hinweise zu wichtigen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Weihnachten und Neujahr 2012/2013 sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengestellt. Zu berücksichtigen sind jeweils die tariflichen Besonderheiten.

Rückzahlung einer finanzierten Fortbildung
Zulässige Bindungsdauer bei einer Meisterfortbildung
Ein Arbeitnehmer kann mittels einer Vereinbarung verpflichtet werden, sich an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Fortbildung zu beteiligen, soweit er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, (LAG, Az. 5 Sa 44/11) urteilte nun, dass die arbeitgeberseitige Übernahme der Kosten einer Meisterausbildung von knapp 5.000 Euro, was vorliegend drei Monatsentgelten entsprach, nur eine zweijährige Bindungsdauer rechtfertigt. Die Richter lehnten angesichts der vereinbarten fünfjährigen Bindungsdauer eine Rückzahlungspflicht des Mitarbeiters ab.

Mehr zum Urteil und seinen Auswirkungen lesen Sie hier:

Das vollständige Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern finden Sie unter landesrecht-mv.de.


BAG: Verfall von Urlaubsansprüchen bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern
Jeder Arbeitnehmer hat nach dem Bundesurlaubsgesetz in jedem Kalenderjahr auch dann Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, wenn er im gesamten Urlaubsjahr arbeitsunfähig krank war. Bei langjährig arbeitsunfähigen Arbeitnehmern ist § 7 Abs. 3 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz, wonach der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres genommen werden muss, konform mit dem europäischen Recht so auszulegen, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az. 9 AZR 353/10) in seinem Urteil vom 7. August 2012. Die Richter schoben damit einer möglichen unbegrenzten Ansammlung von Urlaubsansprüchen einen Riegel vor.

Mehr zum Urteil und seinen Auswirkungen lesen Sie hier:

Die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 56/12 vom 7. August 2012 finden Sie unter juris.bundesarbeitsgericht.de


Arbeitsministerium nach Informationsfreiheitsgesetz zur Auskunft über Voraussetzungen einer Allgemeinverbindlicherklärung verpflichtet
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) kann einen Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklären. § 5 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) setzt insoweit voraus, dass mindestens 50 Prozent der in dessen Geltungsbereich beschäftigten Arbeitnehmer bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt sind und die Allgemeinverbindlichkeit im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Dann sind auch bisher nicht Tarifgebundene an den Tarifvertrag gebunden. Das Verwaltungsgericht Berlin (Urteil vom 23. Mai 2012, Az. VG 2 K 96.11, rkr.) verpflichtet das BMAS nun, auf der Basis des Informationsfreiheitsgesetzes Auskunft über das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu geben.

Mehr zum Urteil und seinen Auswirkungen lesen Sie hier:

Das Urteil ist abrufbar unter reuter-arbeitsrecht.de.


Sozialversicherungsdaten 2013
Das Bundeskabinett hat am 10. Oktober 2012 den Entwurf der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2013 beschlossen und dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet.
Der Entwurf sieht die Festlegung der Beitragsbemessungsgrenzen für die einzelnen Versicherungszweige der Sozialversicherung sowie der Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Daneben wird die Bezugsgröße der Sozialversicherung für 2013 bestimmt, die für die Berechnung des Pflichtbeitrages für selbständige Handwerkerinnen und Handwerker in der Rentenversicherung maßgebend ist.

Eine Übersicht zu den für das Handwerk wichtigen voraussichtlichen Sozialversicherungsdaten 2013 finden Sie hier:

Künstlersozialabgabe 2013
Zum 1. Januar 2013 steigt der Prozentsatz der Künstlersozialabgabe von 3,9 auf 4,1% der abgabepflichtigen Entgelte. Dies wurde durch die Verordnung vom 29. August 2012 (BGBl. I 2012, S. 1865) vom Bundesarbeitsministerium verordnet. Die Erhöhung hat Auswirkung allerdings erst für die Honorare und Entgelte, die ab dem 01. Januar 2013 geleistet werden und in der dann bis zum 31. März 2014 abzugebenden Meldung an die Künstlersozialkasse aufzunehmen sind. Für die bis zum 31.03.2013 zu erstattende Meldung für die abgabepflichtigen Beträge des Jahres 2012 gilt noch der alte Abgabesatz von 3,9 %.

Die Künstlersozialabgabeverordnung 2013 finden Sie unter bgbl.de.

Erhöhung der Schwerbehindertenausgleichsabgabe
Arbeitgeber, die jahresdurchschnittlich mindestens 20 Arbeitnehmer ohne Auszubildende beschäftigen, haben nach § 71 SGB IX auf mindestens 5% der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Solange sie die vorgeschriebene Zahl an schwerbehinderten Menschen nicht beschäftigen, haben sie für jeden unbesetzten "Pflichtarbeitsplatz" eine Ausgleichsabgabe zu entrichten, § 77 SGB IX. Die Ausgleichsabgabe wurde mit Wirkung ab 1. Januar 2012 neu festgelegt.

Arbeitsrechtliche Informationstagung vom 28. bis 31. Oktober 2013
Die nächste arbeitsrechtliche Informationstagung des BHT für Geschäftsführer und hauptamtliche Mitarbeiter von Handwerksorganisationen findet vom 28. bis 31. Oktober 2013 statt. Tagungsort ist auch im Jahr 2013 wieder das Hotel Terrassenhof, Adrian-Stoop-Str. 50, 83707 Bad Wiessee.

Die Einladung nebst Programm und Anmeldeformular wird wie üblich per Post versandt.

Förderung der Fortbildung der ehrenamtlichen Arbeits- und Sozialrichter
aus dem Handwerk
Der BHT hat gegenüber Frau Staatsministerin Haderthauer, MdL, die Wiederaufnahme der früheren, seit dem Jahr 2005 eingestellten Förderung der Fortbildung der ehrenamtlichen Arbeits- und Sozialrichter gefordert.
Der BHT und die Teilnehmer der BHT-Tagungen für ehrenamtliche Arbeits- und Sozialrichter sehen es als ureigene Aufgabe des Freistaates Bayern an, die Funktionsfähigkeit der Arbeits-und Sozialgerichte sowie der Landesarbeits- und Landessozialgerichte sicherzustellen. Dazu gehört auch die Fortbildung der ehrenamtlichen Richter, deren besondere Fachkompetenz und Sachnähe aufgrund ihres Arbeitgeberstatus für die Rechtsprechung nach Meinung des Gesetzgebers unverzichtbar sind.

Ehrenamtliche Richter verfügen über gewisse arbeits- und sozialrechtliche Kenntnisse. Jedoch kann von einem für eine qualifizierte Richtertätigkeit erforderlichen und stets aktuellen juristischen Fachwissen nicht ausgegangen werden. Die ehrenamtlichen Richter benötigen aber ausreichende Rechtskenntnisse, um  z. B. durch Fragen an Parteien, Zeugen und Sachverständige und mit entsprechenden Argumenten in der Beratung das Verfahren sowie die Urteilsfindung fördern zu können.
Der Freistaat Bayern hat diese Zusammenhänge jahrzehntelang ebenso wie der BHT beurteilt und daher mit guten Gründen die Fortbildung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter staatlich gefördert. Die dauerhafte Streichung der Förderung bedeutet eine Abkehr von dem bewährten deutschen Konzept einer Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit mit qualifizierten ehrenamtlichen Richtern.

Nach Überzeugung des BHT verdienen es die ehrenamtlichen Richter, bei ihren schwierigen und komplexen Aufgaben, die sie für den Rechtsstaat leisten, durch den Staat und die Justizverwaltung unterstützt zu werden. Sie benötigen eine entsprechende fachliche Fortbildung, um ihrer vom Gesetzgeber zugewiesenen besonderen Verantwortung gerecht werden zu können.

Mit Schreiben vom 16. März 2012 hat Frau Staatsministerin Haderthauer die hohe Bedeutung der Tätigkeit der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter gewürdigt und ihre hohe Anerkennung dieses Ehrenamts betont. Eine Wiederaufnahme der Zuschüsse für die Fortbildung hat sie aber abgelehnt.

Auch die Abgeordnete Petra L. Guttenberger, MdL, stv. Vorsitzende des Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen, und Verbraucherschutz, wandte sich im Sinne des BHT an Frau Staatsministerin Haderthauer. Frau Guttenberger teilte dem BHT im September 2012 mit, dass sie nichts erreichen konnte, sich aber weiter für die Förderung der Fortbildung ehrenamtlicher Richter einsetzen werde. Das BHT-Schreiben vom 26. Januar 2012 an Frau Staatsministerin Haderthauer, MdL, finden Sie hier: