Vollversammlung November 2019
Handwerkskammer für München und Oberbayern

Peteranderl: "Wir brauchen wieder ein Bewusstsein dafür, dass sich Leistung lohnt"Vollversammlung der Handwerkskammer

26. November 2019

Trotz einer Eintrübung der Gesamtwirtschaft wird sich die Handwerkskonjunktur auch in diesem Jahr wieder erfreulich entwickeln. „Für 2019 rechnen wir mit einem Umsatzplus von nominal vier Prozent. Die Zahl der Beschäftigten dürfte im Jahresdurchschnitt um ein knappes Prozent zulegen. Wir müssen uns aber auch im Klaren sein, dass sich das Handwerk nicht dauerhaft von einer schwächelnden Konjunktur in Deutschland abkoppeln kann“, betonte Präsident Franz Xaver Peteranderl bei der Vollversammlung der Handwerkskammer in München.

Peteranderl forderte die Politik auf, sich wieder stärker ins Gedächtnis zu rufen, dass Eigeninitiative, Leistungsbereitschaft und Unternehmergeist die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg und damit vor allem auch für einen starken Sozialstaat seien: „Wir brauchen wieder mehr Vertrauen in den Markt. Das Handwerk ist Teil eines breiten Mittelstandes, der sich zu einem fairen Wettbewerb bekennt und der Leistung anerkennt. Auch in anderen Bereichen der Gesellschaft muss das Bewusstsein wieder gestärkt werden, dass sich Leistung lohnen muss und dass der Sozialstaat untrennbar mit einer starken Wirtschaft verknüpft ist. Dieses Bewusstsein ist in den wirtschaftlich starken Jahren seit der Finanzkrise teilweise verloren gegangen. Es gilt, die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wieder stärker in den Fokus zu rücken.“

So hänge u.a. von den Weichenstellungen in der Energie- und Klimapolitik entscheidend ab, wie sich die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft entwickele. „Die bisherige Bilanz der Energiewende fällt aus Sicht des Handwerks nicht allzu positiv aus. Die bis 2020 gesetzten Klimaziele werden trotz enormer Kosten deutlich verfehlt. Die deutschen Strompreise liegen weit über dem europäischen Durchschnitt. Die EEG-Umlage und wohl auch die Netzentgelte werden im kommenden Jahr weiter steigen. Die Widerstände gegen zusätzliche Windräder und Stromleitungen sind groß. Und nicht zuletzt sind die Kosten der Energiewende ungleich verteilt und bleiben vor allem am Mittelstand hängen“, kritisierte der Kammerpräsident. Peteranderl befürchtet, dass das Klimapaket der Bundesregierung vor allem zu Bürokratie und unnötigen Kosten führen werde und sich Fehler der Vergangenheit wiederholen. „Die größte Gefahr besteht aber darin, dass die Klimaschutzziele drastisch nachjustiert werden, wenn sich bei der jährlichen Überprüfung herausstellt, dass sie verfehlt werden. Damit wären ein verlässlicher Rahmen und Planungssicherheit für die Unternehmen nicht mehr gegeben“, sagte der Kammerpräsident.

„Der Meisterbrief ist das Herzstück des Handwerks. Er steht für beste handwerkliche Berufsausbildung und den Leistungsanspruch unseres Wirtschaftsbereichs. Wir freuen uns, dass die Meistervoraussetzung in zwölf Gewerken wiedereingeführt wird. Allerdings kann die Reform nicht vollständig überzeugen. Wir hätten uns die Rückkehr von noch mehr zulassungsfreien Handwerksberufen in die Meisterpflicht gewünscht“, sagte Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Hüpers. Er warnte davor, dass die Bestandsschutzregelung offene Fragen aufwerfe. So geht der Bestandsschutz beispielsweise verloren, wenn sich die Rechtsform ändert, wenn sich der Betriebsinhaber in ein Anstellungsverhältnis als Betriebsleiter begibt oder wenn er seine Kinder zur Vorbereitung der Nachfolge in eine Gesellschaft aufnehmen möchte. Hüpers: „Da wird es in der Praxis einige Probleme geben. Deshalb sollte die Reform noch einmal nachgebessert werden.“

Etwas Abhilfe bei der Nachwuchs- und Fachkräfteversorgung im Handwerk könnte das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz schaffen. Ab dem 1. März 2020 wird die Beschäftigung beruflich qualifizierter Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern erleichtert. Auf eine Engpassbetrachtung und bürokratische Vorrangprüfung wird künftig verzichtet. Auch zur Ausbildungsplatzsuche darf man unter bestimmten Voraussetzungen nach Deutschland einreisen. Das Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung ersetzt die bisher gültige 3 + 2-Regelung. Wer als Geduldeter eine Ausbildung aufnehmen will, für den gilt künftig eine Wartefrist von sechs Monaten. Eine Ausbildungsduldung darf künftig nur noch in offensichtlichen Missbrauchsfällen versagt werden. Sind bestimmte Voraussetzungen erfüllt, können Geduldete eine Beschäftigungsduldung für 30 Monate erhalten; anschließend ist ein humanitärer Aufenthaltstitel möglich. „Alles in allem schaffen diese gesetzlichen Neuregelungen eine verbesserte Rechts- und Planungssicherheit für viele Handwerksbetriebe“, betonte der Hauptgeschäftsführer.

Bei der umsatzsteuerlichen Behandlung von Geschäftsführungsbeiträgen hat die Handwerksorganisation durchgesetzt, dass die Kreishandwerkerschaften mit der Ausübung der Geschäftsführung der Innungen nicht als Unternehmer im Sinne des neu gefassten § 2b UStG gelten. Hüpers: „Die Geschäftsführungsbeiträge bleiben somit umsatzsteuerfrei.“

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