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Post-Brexit Regelungen für den Warenverkehr und die Mitarbeiterentsendung

Weitreichendes Handels- und Kooperationsabkommen vereinbart

Seit April 2021 besteht zwischen der EU und Großbritannien ein weitreichendes Handels- und Kooperationsabkommen. Damit wurde eine rechtliche Grundlage für die weiteren Wirtschaftsbeziehungen geschaffen. 



Warenverkehr, Zoll

Border Target Operating Model

Das Border Target Operating Model beinhaltet die Zollkontrollen von Waren nach Großbritannien. Die Einführung ist in drei Stufen geplant.

Für den Warenverkehr hat es folgende Konsequenzen:

  • Sicherheitskontrollen für alle Einfuhren
  • Gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Kontrollen für die Einfuhr von lebenden Tieren, tierischen Erzeugnissen, Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen, geordnet nach Risikoniveau.


Einführung der Stufen

Ende Oktober 2023: Tierische Erzeugnisse und Pflanzenprodukte (SPS-Waren): Die Vorlage von Veterinärbescheinigungen (Export Health Certificates) und Pflanzengesundheitszeugnissen wird verpflichtend. Diese Anforderung gilt jedoch nur für tierische Erzeugnisse und Pflanzenprodukte mit einem mittleren Risiko. (Tierische Erzeugnisse und Pflanzenprodukte werden in drei verschiedene Risikoklassen eingeteilt. Darauf basierend unterscheiden sich die Anforderungen bei der Einfuhr.)

Ende Januar 2024: Einführung von Kontrollen für tierische Erzeugnisse und Pflanzenprodukte mit einem mittleren Risiko an Grenzkontrollstellen (Border Control Post, BCP). Die Kontrollen umfassen physische Kontrollen und die Prüfung von Dokumenten. Für SPS-Waren mit einem geringen Risiko sind grundsätzlich weder Vorabanmeldungen noch Gesundheitszeugnisse notwendig. Dies gilt sowohl für Einfuhren aus der EU als auch für Waren aus anderen Drittländern.

Ende Oktober 2024: Die Abgabe einer summarischen Eingangsanmeldung (Safety and Security declarations) für Waren aus der EU verpflichtend. Bisher sind Einfuhren aus der EU von dieser Anforderung ausgenommen.

Zudem reduziert sich der Datensatz von 37 auf 24 verpflichtende Angaben. Danach keine Unterschiede mehr zwischen Einfuhren aus der EU und anderen Drittstaaten. 



Quelle: gtai, AHK London

Diensleistungserbringung und Mitarbeiterentsendung

Handwerkliche Dienstleistungen in Großbritannien

Die Erbringung von Dienstleistungen ist mit dem Austritt Großbritanniens insbesondere für handwerkliche Tätigkeiten deutlich erschwert. Trotz eines sehr weit reichenden Handelsabkommens, das zwischen Großbritannien und der EU ausgehandelt wurde, wurden einige Bereiche stark eingeschränkt.

Die deutsch-britische Industrie- und Handelskammer hat Informationen zu Lohnsteuer, Sozialversicherung und Aufenthaltsrecht in einem Merkblatt zusammengestellt. Für das Aufenthaltsrecht, also die Entsendung der Mitarbeiter, bestehen derzeit drei Möglichkeiten:

  • Einreise im Rahmen der Besucherroute
  • Einreise mit einem Visum
  • Frontier Worker Permit

Für das Handwerk kann insbesondere das Frontier Worker Permit interessant sein, wenn man bereits in Großbritannien tätig war. Daher wird dieses im folgenden ausführlich dargestellt. Informationen zur Einreise über die Besucherroute oder mit Visum finden Sie im Merkblatt.



Frontier Worker Permit

Wenn Sie und ihre Mitarbeiter vor dem 31.12.2020 mindestens einmal pro Jahr in Großbritannien gearbeitet haben, könnten Sie Anspruch auf eine Grenzgänger-Erlaubnis „Frontier Worker Permit“ haben. Voraussetzung ist, dass Sie und ihre Mitarbeiter nicht in Großbritannien gelebt haben, sondern dort regelmäßig mindestens einmal in 12 Monaten gearbeitet haben. Die Aufenthalte und Tätigkeiten können im Rahmen von Aufträgen für Privat- und für Geschäftskunden stattgefunden haben. Mit der Antragstellung sind keine Kosten verbunden, die Erlaubnis wird gebührenfrei erteilt.

Mit einer Grenzgänger-Erlaubnis können Sie und Ihre Mitarbeiter weiterhin in Großbritannien tätig werden, ohne dass Sie ein Visum oder andere Einreisegenehmigungen beantragen müssen. Sie gilt für 5 Jahre. Nach Ablauf kann eine Verlängerung beantragt werden, für die ebenfalls weiterhin jährliche Geschäftsaktivität belegt werden muss. Wenn aufgrund von Corona oder anderer Gründe wie Krankheit, Arbeitslosigkeit, Schwangerschaft in den letzten 12 Monaten nicht in Großbritannien gearbeitet werden konnte, kann dennoch ein Anspruch auf ein Frontier Worker Permit bestehen.



Voraussetzungen

Unter folgenden Voraussetzungen kann ein Antrag einer Grenzgänger-Erlaubnis gestellt werden:

  • Der Antragsteller ist Bürger eines EU-Lands oder der Schweiz, Norwegens, Islands, Liechtensteins.
  • Der Antragsteller ist nicht länger als 180 Tage von 12 Monaten wohnhaft in Großbritannien. Stichtag ist hier der 1.1.2020, der 12-Monatszeitraum wird rückwirkend vom Antragsdatum gerechnet. Bei Aufenthalt in Großbritannien über 180 Tage gilt nicht als dauerhaft wohnhaft, wenn einmal im 12-Monatszeitraum oder zweimal im Zeitraum von je 6 Monaten eine Rückkehr in das Herkunftsland belegt werden kann).
    Die Regelung gilt für Arbeitnehmer und für Selbständige.
  • Es muss mindestens einmal in 12 Monaten ein beruflicher Aufenthalt in Großbritannien stattfinden. Falls aufgrund von Coronabedingten Reisebeschränkungen in den 12 Monaten vor Beantragung des Frontier Worker Permit keine Arbeiten in GB durchgeführt werden konnten, ist dies durch geeignete Dokumente (Verträge, Email-Korrespondenz, etc. oder auch Quarantänebescheinigung, falls aufgrund einer Covid-Erkrankung nicht gereist werden konnte) nachzuweisen. Es kann dennoch ein Anspruch auf die Grenzgänger-Erlaubnis bestehen, wenn die anderen Voraussetzungen – vor allem wesentliche Tätigkeit in GB – erfüllt sind.
  • Die Häufigkeit und Dauer des beruflichen Aufenthalts ist nachzuweisen, z.B. mit (Arbeits-)Verträgen, Reisekostenabrechnungen (für Arbeitnehmer), Auftragsdokumenten (für Selbständige). Je länger der Aufenthalt ist (z.B. Montag-Freitag für mehrere Wochen; Baustelle mit Materiallager in GB) umso mehr spricht für eine Bewilligung.
    Auch künftige Aufträge oder Schriftverkehr, der auf künftige Aufträge schließen lässt, kann zum Beleg einer regelmäßig wiederkehrenden Tätigkeit in GB vorgelegt werden.
  • Der berufliche Aufenthalt muss wesentlich gewesen sein – unwesentlich wären z.B. Vorstellungsgespräche, Reisen zu Vertragsverhandlungen oder -unterzeichnungen, kurze Besprechungen. Es gibt keine Mindestanzahl von Stunden oder Tagen, die in GB gearbeitet wurde, dennoch muss belegt werden, dass die Tätigkeit nicht nur untergeordnet war für die Lebens- und Einkommensverhältnisse des Arbeitnehmers oder Selbständigen. Einkünfte aus Tätigkeit in GB unter umgerechnet ca. 210 Euro/Woche oder ca. 910 Euro/Monat dürften eher als nicht wesentliche Tätigkeit gewertet werden. Einkommensnachweise müssen nur auf Nachfrage vorgelegt werden, wenn andere Unterlagen nicht ausreichen, um die Wesentlichkeit der Tätigkeit zu belegen.
  • Wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, darf die Grenzgänger-Erlaubnis u.a. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Gesundheit verweigert werden oder wenn der Antragsteller wegen Verstoßes gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen zu einem früheren Zeitpunkt aus GB ausgewiesen wurde.
  • Die Antragstellung erfolgt am einfachsten mit einem Reisepass mit biometrischem Chip (dann online und per UK Immigration: ID Check App); anderenfalls muss die Identität bei einer UK-Visa-Antragsstelle bestätigt werden.

Das Frontier Worker Permit ist kostenlos und kann online beantragt werden.



Änderungen der Einreiseanmeldung ab 2023, für EU-Staaten ab 2024

Noch in 2023 wird das Electronic Visa Waiver System durch die neue Electronic Travel Authorization (ETA) ersetzt. Es handelt sich dabei um eine elektronische Anmeldung, die über eine spezielle Internetseite erfolgt. 

Das System startet im November 2023 und wird schrittweise eingeführt. Zunächst sind Reisende aus Drittstaaten betroffen. EU-Staatsangehörige benötigen voraussichtlich erst ab Ende 2024 eine ETA. 

Die Beantragung wird voraussichtlich verknüpft sein mit dem Zweck der Reise und einer Bearbeitungsgebühr. Auch wird das Visum für einen begrenzten Zeitraum (voraussichtlich 2 Jahre) gültig sein.

Für die Entsendung von Mitarbeitern muss damit eine ausreichende Vorlaufzeit berücksichtigt werden.



Quelle: LGH Düsseldorf, AHK London